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Veganes Leben in Tomsk! Es wird besser und besser!

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Eigentlich hatte ich mir vorgenommen erst nach unserer Ankunft in Deutschland einen neuen Eintrag zu verfassen, aber das Schicksal kam mir zuvor. Zwei wichtige Dinge verändern mein vegetarisch-veganes Leben hier noch mal von Grund auf:

1) Ein LUSH Shop hat eröffnet. Wer diese nicht kennt darf gern mal hier schnüffeln. Es gibt dort alle möglichen Artikel für die körperliche Pflege, ganz frisch, tierversuchsfrei, vegetarisch und in vielen Fällen sogar vegan. Nun, wie alles hier, lebt auch der LUSH Shop von Mundpropaganda. So erfuhr ich ganz einfach durch eine von einer Dame in einem Bus getragenen Papiertüte mit dem bekannten LUSH Aufdruck, von der Neueröffnung. Eine kurze Suche im Internet hat mir dann weitergeholfen und ich habe direkt gesehen, dass der Shop im SmileCity Center eröffnet hat. Dort, wo ich so gern mit den Mädels einkaufen war, und wo ich Riekes Kater mit dem genüsslichen trinken eines BubbleTea in Extase versetzt habe 😀 Direkt am näcshten Tag ging ich auf Entdeckungstour. Die Mitarbeiterinnen waren LUSH-like geschult und kamen direkt auf mich zu um mir ihre Hilfe anzubieten. Ich lehnte erstmal freundlich ab und schnüffelte mich durch den Shop. Mein Ziel war die Abteilung mit den Massagebuttern (so eine Gewisse Person bettelt immer um Massagen, und ich hasse es ohne Matschepampe zu massieren). Diese habe ich direkt gefunden und dann doch um Hilfe gebeten, denn es war mir zu kompliziert die ganzen Inhaltsstoffe auf russisch durchzulesen, also habe ich gefragt welche davon vegan sind und zwei verschiedene gekauft. Einer ist leider nicht vegan, hat aber dafür einen sehr angenehmen unaufdringlichen Geruch. Der zweite riecht lecker nach Zitrone 🙂 Freu mich schon drauf die beiden zu testen. Was bemerkenswert war: Die Sachen waren – vielleicht auch dem momentan schwächelnden Rubel zu schulden – etwas günstiger als in Deutschland.

2) Im Laufe meiner Aktivitäten im Sprachlernzentrum des Goethe-Institut hier in Tomsk, hat mir irgendwer von den Deutschen Kollegen mal mitgeteilt, dass es in Tomsk ein vegetarisches Cafe gebe. Mit Christin (ebenfalls Vegetarierin) habe ich es leider nie geschafft dieses einmal aufzusuchen. Jetzt ärgert mich das total! Ein anderes Mädel aus der Buddybuilding Gruppe der Uni (jeder neue Student bekommt einen russischen Studenten als Buddy) fragte mich vor einiger Zeit ob ich Vegetarierin sei und wie es sich so leben würde als Vegetarierin in Tomsk. Sie bekäme zum Wintersemester einen neuen Schützling, und das Mädchen wäre sehr beunruhigt bezüglich der Ernährung hier. Ich fühlte mich natürlich direkt an meine eigenen Vorurteile zurückerinnert und versuchte mein Bestes, um die Ängste zu zerstreuen. In diesem zusammenhang kamen wir auch auf das Vegetarische Cafe zu sprechen und das nette Mädel suchte mir im Internet die Adresse raus. Dabei fanden wir heraus, dass das Cafe erst im Januar diesen Jahres eröffnet hatte. Erst jetzt habe ich es nun geschafft das Cafe zu besuchen und es ist ein Traum!

Es gibt eine täglich wechselnde Speisekarte und normalerweise ist ab frühen Vormittag (9/10) bis Abends (8/10) geöffnet. Die Preise sind ähnlich wie in russischen Cafeterien (столовая). Am Thresen beäugte ich zunächst die Karte und fragte dann nach veganen Gerichten. Ich wollte – genau wie bei LUSH – nicht ewig die Zutatenlisten lesen und auch den russischen Service ein wenig ausreizen. Der zurückhaltende Mann ging kurz in die Küche und kam mit einer Kopie der Speisekarte zurück, auf der alle veganen Gerichte markiert waren. Er sagte, dass die Salate sowieso alle vegan zubereitet werden könnten. Ich wählte einen Vitaminsalat (витаминный) und ein eigentlich typisch orientalisch/zentralasiatisches Gericht – Plow (Плов) – ein Gericht aus Reis, Möhren, Gewürzen und Fleisch (in meinem Fall Sojafleisch). Dazu wählte ich einen Gewürztee. Alles zusammen hat mich ziemlich genau 4 Euro gekostet. Es war super lecker und ich musste mich schon sehr zusammenreißen, nicht noch etwas zu bestellen. Die Atmosphäre war auch super: ayurvedische Hintergrundmusik, leichter Räucherstäbchengeruch und eine sehr angenehme alternative Einrichtung. Insgesamt ein super Lokal, dass ich nur empfehlen kann. Für alle Tomsk-Touristen und Studenten: Das Lokal befindet sich im Дом Путешественника, пер. Плеханова 5А. Wenn man davor steht kann man es eigentlich nicht übersehen.

Wer Plow kochen möchte und seine Russischkenntnisse auffrischen will, kann dieses Rezept probieren – natürlich vegan – und mir berichten ob es sich lohnt es selbst mal zu kochen.

 

Sommer in Sibirien – Deutschland kann sich warm anziehen!

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Ohne Worte ❤

Dieses Foto habe ich letzten Sonntag gegen 9:30 Uhr gemacht. Das „I ❤ Tomsk“ wurde ein paar Tage vor Pavels Abfahrt in den bösen russischen Wald aufgestellt. Wir haben uns entschieden ein Foto damit später zu machen, wenn er wieder da ist. Denn es war ja nicht zu erwarten, dass das gute Stück so schnell wieder von der Bildfläche verschwinden würde. Doch eventuell war die Entscheidung nicht so gut. Wenn ihr genau hinseht solltet ihr erkennen, dass die Fläche genau vor dem Schriftzug ziemlich hell aussieht: Der Rasen ist völlig plattgelatscht und vertrocknet. Es grenzt auch beinahe an ein Wunder, dass ich hier ein Foto machen konnte, ohne dass hysterische Menschen davor stehen und sich darum streiten wer denn zuerst mit dem Knipsen dran ist. Aber das ist vielleicht der unchristlichen Uhrzeit geschuldet, zu der dieses Foto entstanden ist.

Ich war zu dem Zeitpunkt – gar nicht unchristlich – auf dem Weg zur evangelischen Kirche. Nachdem ich eine Woche zuvor schon einen Abendgottesdienst der lutherischen Gemeinde zusammen mit Natascha besucht hatte, wollte ich nun einen deutschen Gottesdienst der evangelischen Gemeinde erleben. Auf Deutsch war der Gottesdienst dann leider doch nicht, da ein anderer Pfarrer dort war. Da er aber kein Russe war, konnte ich seinem russischen Gottesdienst ganz gut folgen und nachdem ich nun schon zum zweiten Mal „Vater unser“ und Glaubensbekenntnis auf russisch hörte, fiel es mir leichter etwas zu verstehen. Es waren ziemlich viele Menschen dort, aber fast nur Frauen. Man drückte mir direkt 3 (!) dicke Bücher und zwei Zettel in die Hand: Bibel auf deutsch und je ein russisches und ein deutsches Gesangbuch; ein russischer Zettel mit dem Ablauf der Liturgie und ein kleiner Zettel auf Deutsch mit den zu singenden Liedern. Einige davon wurde auf deutsch, einige auf russisch gesungen. „Lobe den Herren“ sang die Gemeinde zum Schluss auf russisch. Ich hoffe mein deutsches Geplärre hat nicht zu sehr gestört 🙂 Schön war auf jeden Fall, dass offensichtlich in jedem Gottesdienst „Friede sei mit dir“ – „Мир тебе“ gesagt wird. Das heißt jeder gibt jedem die Hand und wünscht ihm Frieden. Mittlerweile kann ich das also auch schon auf russisch. Vielleicht bin ich nächsten Sonntag mal ein bisschen dreist und sag es einfach auf deutsch. Soweit ich es mitbekommen habe sprechen alle ein bisschen deutsch. Jedenfalls haben sie lautstark die Deutschen Lieder mitgesungen. Überhaupt singt die Gemeinde viel lauter als bei uns. In Deutschland scheint singen irgendwie aus der Mode gekommen, beziehungsweise in eine Peinlichkeitsecke gedrängt worden zu sein. Sehr schade…

Man war jedenfalls sehr nett zu mir und hat mich gebeten doch nächste Woche wieder zu kommen. Und ich wurde direkt gefragt was ich hier mache, wie lange ich schon in Tomsk bin, etc. pp. Ich spiele mit dem Gedanken mal zu fragen ob sie Interesse an einem „Deutschen Abend“ hätten. Man könnte ein paar deutsche Lieder singen und ich könnte etwas über die evangelische Kirche in Deutschland erzählen. Vielleicht lässt sich sowas mal vor Weihnachten organisieren. Das Interesse wäre ganz sicher da.

Nach dem Gottesdienst war ich richtig gut drauf. Es ist doch schön wenn es eine Sache gibt, die die Menschen zusammenschweißt und durch die man überall auf der Welt sofort freundlich aufgenommen wird. Nächsten oder übernächsten Sonntag gibt es dann tatsächlich einen Gottesdienst auf Deutsch. Also habe ich jetzt quasi einen sonntäglichen Pflichttermin 🙂

Fotos aus dem Innenraum der Kirche kann ich leider nur nachreichen, da mein Kartenlesegerät kaputt ist und ich die Fotos mit meiner Kamera gemacht habe.

Zum ungefähr 10. Mal wird hier gebuddelt. Genau an dieser Stelle sackt immer wieder der Straßenbelag ab wenn sie das Loch dann zugeschüttet und asphaltiert haben. Dass man hier nach einem wirklich heftigen Regentag anfängt zu baggern, ist aber schon eine Meisterleistung. Genau an dieser Stelle brach sich übrigens Ende März O.O. ihren Fuß. Was noch anzumerken ist: Einer arbeitet – zehn stehen rum und gucken zu. That´s Russia!

So sieht es jetzt am Tschechov-Denkmal mit Blick auf den Tom aus. Kaum zu glauben, dass hier vor einigen Monaten das Eis bis an die obere Kante stand. Als das Eis aufgesprengt wurde stand das Eis teilweise bis zu dem Punkt, wo der kleine Mann mit der rote Mütze steht. Mittlerweile geht das Wasser ein bisschen zurück und dort wo die vielen Menschen stehen ist sogar schon Sand. Man könnte sich also „theoretisch“ in die Fluten stürzen.

Für mein ökologisches Gewissen ist das ja eine Schande, aber die kleinen Büchsen erinnern mich irgendwie immer an meine Kindheit. Da es hier kein Pfand gibt, sind sie auch Gang und Gebe. Am Kiosk kostet eine Dose Pepsi Cola umgerechnet etwa 65 Cent, ungefähr so viel wie ein Blini ohne Füllung.
Das Wetter hier ist seit Wochen sehr gut. Immer so um die 25-30 Grad und Sonne oder bedeckter Himmel. Sobald man vor die Tür geht und sich ein bisschen bewegt schwitzt man und es gibt kaum eine Möglichkeit sich abzukühlen. Eigentlich fast ein Schock für mich. Noch in Deutschland dachte ich immer, dass ein sibirischer Winter mit Temperaturen zwischen -10 und +10 Grad aufwartet. Achja…diese Vorurteile…
In 3 Tagen kommt Pavel aus dem Wald zurück und in 2 Wochen starten wir unseren Trip nach Europa/Deutschland. Wir werden am 7. August mit dem Bus nach Novosibirsk zum Flughafen fahren. Am Morgen des 8. August geht dann unser Flug mit Ukraine Airlines über Kiev nach Berlin, wo wir gegen Mittag landen werden. Dann holt uns hoffentlich irgendwer vom Flughafen ab und wir werden Heiligenfelde und Umgebung unsicher machen, bevor es dann am 10. August nach Barcelona geht.

 

Kurzmitteilung
Eine Menge ist passiert seit dem mich sowohl die letzten deutschen Kommilitonen, als auch Pavel + Co. in Tomsk zurückgelassen haben. Ich habe viel für meine Masterarbeit geschafft, aber auch einige interessante Dinge erlebt. Beides ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass ich sehr viel Zeit habe, diese aber nur so selten wie möglich im Wohnheim verbringen möchte. Denn: Das liebe Geld hat mich dazu getrieben in ein Doppelzimmer umzuziehen. Der Altmärker würde dazu sicherlich sagen: Hasste jut jemacht mijn Mädel. Ich sehe das genauso, allerdings ist die kommunikative Ausbeute des ganzen eher gering, was zu einer eher miesen Stimmung führt. Ja, es könnte alles so schön sein. Die Situation trägt nicht unbedingt zur Völkerverständigung bei (das zweite Bett in meinem Zimmer ist NICHT von einer Russin belegt, nur um gleich mal alle negativen Gedanken in diese Richtung zu verhindern).
Schnee im Juli? – Pollen, Pollen, Pollen. Überall! So schön es auch aussieht, ich bin froh dass es mittlerweile geregnet hat.

Aber nun gut. Man kann sich daran erquicken oder daran zugrunde gehen wie man will: Ich habe Hobbys und Freunde. Das ist gut, denn das schützt mich davor die Situation unnötig überzuinterpretieren wie ich es gern tue. Was habe ich also erlebt in den letzten 10 Tagen. Zuerst einmal habe ich Rieke (die letzte Deutsche) zum Flughafen gebracht. Der Rückweg verlief nach kurzer Diskussion ob wir den Bus oder ein Taxi nehmen sollen in etwa so:

Caro läuft zum ersten Taxi. Taxifahrer sitzt im Taxi.

Caro: Sind sie frei? – Antwort: Ja

Caro: Was kostet die Fahrt nach Tomsk? – 600 Rubel (15 Euro)

Caro dreht sich weg und geht zum nächsten Taxi…

Caro: Sind sie frei? – Ja – Was kostet die Fahrt nach Tomsk? – 600 Rubel – Zu teuer!

Caro geht zum nächsten Taxi.

Caro: Sind sie frei? – Nein.

Caro geht – langsam etwas verzweifelt – zum nächsten Taxi…

Caro: Sind sie frei? – Ja. – Was kostet die Fahrt nach Tomsk? – 600 Rubel – Zu teuer!

Caro dreht sich um und will gerade drei Schritte gehen, da hört sie den

Taxifahrer: 500 Rubel!!! –

Caro: Nein! Zu teuer.

Taxifahrer: Was denken sie denn? Machen sie einen Preisvorschlag!

Caro: 400 Rubel.

Taxifahrer: Ach habt euch nicht so. Steigt ein. Sagt 500 und gut. Los los.

Caro: Es kostet immer 400 Rubel. Wir sind keine Touristen!

Taxifahrer: Aber ihr habt doch noch Gepäck dabei. Dann sind 500 Rubel ok.

Caro: Wir haben kein Gepäck. Wir sind keine Touristen. 400 Rubel!

Taxifahrer: Los, steigt ein.

Caro: 400 Rubel?

Taxifahrer: Ja, gut. Ok.

Wir steigen ein und er war sogar nett und ein bisschen gesprächig. Und das um 6 Uhr morgens 😀

Mein Verhandlungsgeschick wird hier also auf eine harte Probe gestellt. Aber wenn man weiß wie viel der Spaß normalerweise kostet lässt man sich ja nicht mehr so übers Ohr hauen. Vor allem wenn man für den Bus nur 15 Rubel (33 Cent) bezahlt hätte (Ich hatte keine Lust um die frühe Uhrzeit mit meiner Begleitung über die Wahl unseres Verkehrsmittels zu diskutieren. Allein hätte ich wohl den Bus genommen.)

Gestern war der 07.07.2013. Vor genau 6 Jahren habe ich mein Abizeugnis übergeben bekommen. Erschreckend, wie schnell die Zeit vergeht. Aber es gibt auch noch von aktuellen Ereignissen zu berichten:

1) Am Lagernij sad (Garten) war ein Jazz Picnic. Am Samstag Abend war ich mangels williger Begleitpersonen allein für 2 Stunden dort und lauschte der Livemusik vor grandioser Kulisse. Am Sonntag traf ich mich dann dort mit einer russischen Studentin aus dem Buddy Building Club. Sie war mit einigen Freunden da. Also hatte ich mal wieder Kontakt zu neuen Leuten.
Konzert am Lagernij sad am Samstag Abend.

2) Am Sonntag fand im Deutsch-Russischen Haus ein kurzes Meeting von Russlanddeutschen Vereinigungen der Region Tomsk und offiziellen Angehörigen der Gebiets- und Stadtadministration mit dem Beauftragten des Bundestages für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Herrn Dr. Christoph Bergner statt. Der ehemalige Ministerpräsident meines schönen Heimatbundeslandes fand also den Weg nach Tomsk. Ich erfuhr eher zufällig davon, war dann aber sehr glücklich über die Abwechslung und habe mich sogar kurz mit ihm unterhalten. Er hat mir versprochen Grüße an die Altmark auszurichten. Von der inhaltlichen Seite war das Treffen eher mager. Die Russen haben meiner Meinung nach einen Hang dafür das ganze formell zu gestalten und unnötig aufzubauschen, so dass am Ende kaum Zeit für die wichtigen Fragen bleibt. Das Russisch-Deutsche-Haus wird mich aber noch ein paar Mal zu Gesicht bekommen. Ich hoffe sehr, dass man demnächst mal eine Homepage einrichtet und alle dort stattfindenden Termine zentral listet.

3) Der 07.07. ist Iwan-Kupala-Tag. An diesem Tag bespritzen sich alle mehr oder weniger sinnlos mit Wasser. Warum genau, kann einem hier niemand erklären. Es hat irgendwas mit der Sommersonnenwende zu tun (hier gibts mehr Infos auf russisch). Jedenfalls hatte ich im Vorfeld einiges darüber gehört und war bei meinem Rückweg vom Jazz Konzert gegen 22 Uhr schon etwas traurig, von der Wasserplanscherei gar nichts gesehen zu haben. Und da geschah es: Ich wartete an einer Kreuzung auf das grüne Ampelzeichen und schwups, wurde ich aus einem vorbeifahrenden Auto mittels Wasserpistole nass gespritzt. Ich muss echt blöd geguckt haben, denn ich habe mich wirklich gefreut, dass es doch noch passiert ist. In Deutschland würde man sich wahrscheinlich das Kennzeichen merken und die Polizei rufen… Danach sah ich noch mehrere Autos aus denen Leute mit Wasserpistolen auf Fußgänger gefeuert haben. Bei dem tollen Wetter war das wirklich angenehm!

 

Алле зинд вэк… – Alle sind weg…

Lexikon der erklärungsbedürftigen Wunder, Daseinsformen und Phänomene in Tomsk und Umgebung – Teil 1

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Eigentlich ist es noch nicht wieder Zeit für einen neuen Blogeintrag – ich will euch ja nicht zu sehr mit neuen Berichten befeuern…nachher fällt mir nichts mehr ein 😀 – aber es gibt ein paar kleine Dinge, die festgehalten werden können. (Wie Walter Moers Fans wissen sollten, handelt es sich bei dem Titel um eine leicht modifizierte Variante des Lexikons von Prof. Dr. Abdul Nachtigaller über die Eigenarten Zamoniens.)

Treppe, Die ist ein architektonisch gekonnt an den richtigen Ort platziertes Ding, welches es dem Nutzer erleichtern soll Höhenunterschiede gekonnt zu passieren. Ich weiß nicht wie man in Deutschland eine Treppe baut und ich wäre dankbar für Rückmeldungen von Leuten, die sich damit auskennen…denn was jetzt folgt wird hart für euch sein: Benutze niemals eine dieser Treppen, ohne die Augen und den Verstand zu benutzen und bei vollem Bewusstsein für deine Aktion – Treppe bewältigen – zu sein. Problem: Keine Stufe ist so hoch wie die andere. Vielleicht hört sich das extremer an als es ist, natürlich gibt es keine 1 Meter hohen Stufen gefolgt von 2 cm Hohen. Es ist eher so, dass bei 10 Stufen die erste 5 cm hoch sein kann, dann sind 6 Stufen 20 cm hoch, dann ist eine 30 cm hoch, dann wieder eine 20 und die letzte vielleicht 30, vielleicht 8 cm. Wir bewegen uns also in einem gewissen Rahmen, aber es ist wirklich Vorsicht gefragt ;-).

Schneknaaaatsch, Der ist das eklige Geräusch, aber auch Gefühl, das bei -10 bis -25 Grad durch den Gang mit niedrig- bis hochhackigen Schuhen auf festgefrorenem Schnee-Eis-Boden entsteht. Sowohl wenn jemand in meiner Nähe läuft und diese Geräusche verursacht, als auch wenn ich selbst diese Geräuschkulisse produziere, bekomme ich Hummeltitten/Erpelpelle/Gänsehaut vom Feinsten. Mal sehen wie lang es dauert, bis ich mich daran gewöhnt habe… Bisher mag ich meine schwarzen Stiefel allerdings nur ungern tragen weil ich das Gefühl und Geräusch wirklich verstörend finde.

Taschentuch, Das ist ein in der Regel viereckiges Stoff- oder Papiertuch, welches zum Auffangen von aus der Nase gepresster Körperflüssigkeit genutzt wird. Klingt eklig…mag vielleicht auch so sein. Doch hier benutzt niemand diese Taschentücher. Es ist eine kleine Knobelaufgabe sie in den Supermärkten überhaupt zu finden. Hat man sie dann ergattert, überkommt einen doch ein sehr seltsames Gefühl wenn man sie in der Öffentlichkeit benutzen möchte, denn: Das ist „verpönt“. Vielleicht ist das nicht ganz das richtige Wort, aber man nutzt sie eben einfach nicht. Ich habe aber leider das Problem, dass mir sobald ich aus der Tür gehe die Nase läuft und sobald ich dann in ein warmes Gebäude komme alles nur noch schlimmer wird. Bisher ist mir noch nicht aufgegangen, wie die Einheimischen das anstellen.

Vegan in Sibierien – Die positive Überraschung

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Nach nunmehr fast 10 Tagen kann ich sagen: Alle Befürchtungen betreffend meiner Ernährung hier in Tomsk konnten widerlegt werden. Neben frischem Obst und Gemüse – darunter sehr leckere Granatäpfel – konnte ich bereits Sojafleisch in verschiedenen Arten, Sojamilch und Tofu kaufen. Die Sojamilch (von Alpro) ist nur in einem besonderen Laden erhältlich und (Edit:12.02.: Habe heute Sojamilch in einem Minisupermarkt entdeckt. Auch von Alpro aber etwa 1/4 billiger als in dem Gesundheitsladen) kostet ungefähr doppelt so viel wie in Deutschland. Das Sojafleisch hingegen ist sehr günstig und auch in dem großen Smile-City Supermarkt zu bekommen. Der Tofu liegt immer bei den eingelegten Salaten und wird auch als Tofusalat bezeichnet. Für 100g zahlt man ungefähr 75 Cent, was super günstig ist. Da ich aber nicht so der Tofujunkie bin, werde ich mir das Zeug eher selten kaufen.

Ganz vegan ernähre ich mich hier aber natürlich nicht, das wäre kaum durchzuhalten. In Blinis ist Ei, genauso wie in Warniki wahrscheinlich Milch ist (muss ich mal in Erfahrung bringen. Edit 12.02.: Keine Milch, aber Ei). Allerdings kaufe ich genauso wie zu Hause keine Milchprodukte wie Milch, Joghurt, Fertigpudding etc. Im Grunde fühle ich mich mit diesem Kompromiss ganz gut. Außer dem serbischen Käse (ähnlich wie Feta) kommt mir auch kein Käse in den Kühlschrank. Eine weitere Ausnahme ist die Smetana – eine Art saure Sahne die man auf Wareniki und Blini tut.

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Viel mehr Probleme haben meine fleischessenden Genossinnen hier, die sich nicht so richtig an die Fleischtheken trauen bzw. keine 6 Euro für eine Wurst ausgeben wollen. Angesichts der Fleischtheke im Zentralen Marktgebäude, welches wir gestern gefunden und entdeckt haben, bin ich aber wirklich glücklich, dass mich niemand mehr penetrant zum Fleischessen bewegen will :-D. Oder anders: Ich bin froh, das nicht essen zu müssen. Es war schon ein komisches Gefühl durch diese Halle zu laufen. Vor allem das Geräusch der Axt auf den Holzklotz, als ein Mann ein halbes Schwein auseinandernahm. Ich hoffe die Atmosphäre kommt auf dem Foto einigermaßen an.

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Neben Fleisch gab es aber auch Gewürze auf dem Markt.

Leider konnte man nur wenig Obst und Gemüse kaufen. Dafür aber umso mehr Klamotten auf dem großen Platz vor der Markthalle. Hier stehen die Verkäufer den ganzen Tag in der Kälte und versuchen ihre Waren los zu werden. Lyne hat es gut zusammengefasst: „Bei der Kälte hätte ich nicht mal Lust irgendwas davon anzuprobieren…“. Der einzige Vorteil: Die Sachen dort sind schon wesentlich billiger als in den eher westlichen Läden 200 Meter weiter auf dem Leninprospekt. Es liegen zwei Welten zwischen dem schnellen und modernen Prospekt Lenina und dem nur einen Katzensprung entfernten Zentralmarkt. Dies mag auch erklären, warum uns bisher keiner der russischen Studenten sagen konnte wo der Markt ist. Sie kennen ihn wahrscheinlich gar nicht und gehen lieber in die vielen Supermärkte und kleinen Tante-Emma-Läden.

Über die Univeranstaltungen gibt es noch nicht allzu viel zu berichten, da die erste Woche doch eher eine Einführungsaktion war. Ab nächste Woche habe ich noch ein Seminar mehr: Tourismus. Das ist auch das Einzige, wo ich unbedingt eine Note und 6 ECTS (Creditpoints. Einer entspricht normalerweise 25 Stunden Arbeitsaufwand.) benötige. Der Russischunterricht ist bisher echt gut, aber auch anstrengend.

Wer es bis hierher geschafft hat kann mir bitte bitte noch bei der Entscheidung helfen, wodurch ich mein Facebookfasten dieses Jahr ersetzen kann. Auf Facebook möchte ich dieses Jahr nicht verzichten, weil mich das sowohl von vielen Leuten in Deutschland, als auch von den ganzen Leuten hier abschneiden würde. Meine Ideen: Keine Süßigkeiten (inkl. süße Blini und Wareniki & süße Getränke) oder absolut vegan (sollte machbar sein). Bitte helft mir bei der Entscheidungsfindung 🙂 Ab dem 13. Februar – Aschermittwoch – beginnt die Fastenzeit.

Die ersten zwei Tage in Tomsk

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Ausblick aus meinem Zimmerfenster

Endlich, endlich, endlich geht es los!

Vor nicht einmal 48 Stunden habe ich zum ersten Mal asiatischen Boden betreten. Die Reise nach Sibirien war zwar anstrengend und wir danach total müde und kaputt, dafür hatten wir aber sehr ruhige und angenehme Flüge. Auch gut: Ich kann jetzt von mir behaupten schon einmal in Moskau gewesen zu sein – wenn auch nur für 6 Stunden und nur auf dem Flughafen. 😉

Abgeholt wurden wir von zwei Mädels und einem Mann mit einem unglaublich fetten Auto! Alle waren wenig gesprächig, wir dafür aber um so enthusiastischer. Endlich waren wir angekommen und endlich hieß es nicht mehr sich die Birne über das Wenn und Vielleicht zu zerbrechen. Die Leute fahren hier so dermaßen schnell Auto! Wir haben auch direkt ein Überholmanöver auf der nicht vorhandenen dritten Spur miterleben dürfen. Dann kamen wir im Wohnheim an und durften erstmal den bürokratischen russischen Standards nachkommen bevor wir für ein paar Stunden ins Bett gefallen sind. Danach haben uns unsere Buddys abgeholt und uns die Stadt gezeigt. Ich kann es immer noch nicht fassen: Ich bin hier 6000 km weit weg von zu Hause und es ist alles gar nicht so anders. Unsere Buddys führten uns nach dem Uni- und Interneteinrichtungsgewese in einen super großen Supermarkt. Dort gibt es wirklich alles was das Herz begehrt! Es war ein richtig tolles Gefühl die ganzen Lebensmittel zu erkennen, die ich schon in Kaliningrad gern gegessen habe: Kekse, Wareniki (sowas ähnliches wie Tortellini), Granatapfelsaft, Sirok (Mini Quarkdinger mit Schokoüberzug…eigentlich eine Kindersüßigkeit :-D), usbekisches Brot und vieles mehr. Nach der ganzen Rennerei waren wir erstmal ziemlich kaputt haben zu Haus Wareniki mit Kartoffelfüllung gegessen und sind dann ins Bett gefallen….zZZZZZzzzZZZZ

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Heut haben wir dann die Tour gemacht, die ihr auf dem Foto sehen könnt. Zuerst ging es vom Wohnheim in ein Minirestaurant in dem man Blini kaufen konnte. Man ist das lecker! Ihr dürft neidisch sein! Obwohl ich kein Fleisch esse und vor habe mich hier weitgehend vegan zu ernähren, ist das essen doch echt klasse. Kein vergleich zu meinen ersten Tagen in Kaliningrad, als ich dachte verhungern zu müssen. Nach dem Essen haben wir Passfotos machen lassen: 8 Passfotos gab es für 200 Rubel (etwa 5 €). Eigentlich hatte ich Passfotos in Deutschland machen lassen, aber die hatten nicht die von den russischen Behörden (?) geforderte Qualität. (Was auch immer das genau heißen mag. Ich spekuliere ja, dass die damit nur die heimische Wirtschaft ankurbeln wollen :-D). Danach habe ich mit Lyne einen dicken Spaziergang gemacht. Wir hatten Glück: es waren nur etwa -10 °C und das hält man auch ohne Thermounterwäsche und Handschuhe ganz gut aus. Ich würde sagen es fühlt sich in etwa so an wie 0°C in Deutschland. Wir haben es bis zu dem nördlichen Punkt auf der Karte geschafft, den ich mit dem Achtungzeichen markiert habe. Denn dort ist es passiert: Eine Sekunde nicht aufgepasst und schwupps — Lyne hat sich vor meiner Nase lang gemacht. So etwas wie Split oder Sand sucht man auf den Gehwegen eigentlich vergebens. Vielmehr findet man Schnee und Eis und an dieser Stelle war es besonders vereist und keine Schneeschicht darüber, die das wegrutschen hätte verhindern können. Zum Glück (!!!) ist sie „nur“ auf die Weichteile gefallen und hat sich – dank der Hände in den warmen Taschen – nicht mit den Händen abgestützt. Was wir hier echt nicht gebrauchen können ist ein Krankenhausbesuch. Also Daumen drücken, dass es „nur“ ein blauer Fleck wird. Nach dem Schock haben wir die Marschrutka (Minibus) in Richtung Wohnheim genommen und sind noch zu einem Minirinok (russischer Markt, aber in einem Gebäude weil sonst viiiieeel zu kalt) gegangen (siehe Tomate auf der Karte). Dort haben wir uns ein bisschen umgesehen aber kaum etwas gekauft. Nun wissen wir aber, wo wir Drogerieartikel, billige Klamotten und Süßigkeiten bekommen :-). Auf dem Weg ins Wohnheim ging es dann noch in einen Supermarkt um für Abendessen zu sorgen und ein paar Putzutensilien zu kaufen. Unsere Zimmer werden zwar von einer einigermaßen freundlichen Raumpflegerin geputzt, aber die Küchensituation ist ein wenig umständlich: Wir haben Kühlschränke in den Zimmern und dadurch muss man das Essen immer in die Küche schleppen. Dort gibt es zwar Herde, eine kleine Sitzmöglichkeit und Waschbecken, aber kein Spüli und keine Trockentücher. Außerdem hat jeder sein Geschirr, Besteck und sonstige Kochutensilien wie Töpfe und Pfannen in seinem Zimmer.

Fazit nach Tag 2: Schnee, Schnee, Schnee. Und Tschechow hatte definitiv unrecht!